Thorsten Niehus ist glücklich, als er an diesem Morgen die Kirche betritt. Spätes Herbstlicht durchflutet den langgestreckten Raum, die Balkendecke mit ihren floralen Barockmotiven kommt in ihrer ganzen Schönheit und Vielfalt wieder zum Vorschein. „Die Decke als besonderes Dokument des Kommunalismus - des gemeinschaftlichen Engagements - kann für viele Jahrzehnte erst einmal als gerettet betrachtet werden“, sagt der Pastor.
Osterbrucher Bürgern liegt "ihre" Kirchendecke am Herzen
Insgesamt 67.000 Euro sind in den vergangenen Jahren aufgewendet worden, um für die Nachwelt zu erhalten, was bereits im 17. Jahrhundert von Osterbrucher Bürgern gemeinschaftlich gestiftet worden ist, damit es sich ausladend und beschützend über die Köpfe der braven Kirchenbesucher wölben kann.
"Dorfgemeinschaft hat sich immer schon intensiv gekümmert"
Auch diesmal haben die Menschen im kleinen Ort kräftig ins eigene Portemonnaie gegriffen. Insgesamt 12.000 Euro kamen über Kirchgelder, Spenden und Kollekten zusammen. „Die Dorfgemeinschaft hat sich immer schon intensiv um ihr Gotteshaus gekümmert“, unterstreicht Thorsten Niehus anerkennend und legt den Kopf in den Nacken.
Die Wappen alteingesessener Familien vom Staub der Vergangenheit befreit
Sein Blick fällt unter anderem auf die Wappen alteingesessener Familien, die freigelegt wurden vom Staub der Vergangenheit und – fachkundig gereinigt und konserviert – jetzt wieder klar zu erkennen sind. Namen wie zum Beispiel Ferdinand von Holten, Glameyer oder Seegemann bekunden in geschwungener Schrift, wer schon immer engagiert gewesen ist in Osterbruch.
Diplom-Restaurator Gerold Ahrends hat wieder ganze Arbeit geleistet
Bereits im Sommer 2022 hatte Diplom-Restaurator Gerold Ahrends die sakralen Bereiche der Decke - unter anderem die biblische Geschichte von Jakob und der Himmelsleiter - wieder zum Strahlen gebracht. Mehrere Wochen benötigte der Fachmann aus Lauenburg seinerzeit, um die historische Balkendecke mit ihren Gemälden im Barock-Stil auf Vordermann zu bringen.
Der Sohn des Otterndorfer Pastors Hector Mithobius malte fleißig
Was den kunst- und kirchenhistorisch bewanderten Pastor zusätzlich beglückt: Nach den bewahrenden Arbeiten der Restauratoren ist auch wieder gut lesbar, wer dereinst - im Jahre 1697 nämlich - die Balkendecke derart kunstvoll gemalt hat: Andreas Mithobius war es, der Sohn des Otterndorfer Pastors Hector Mithobius. Dieser wiederum hatte sich im „Otterndorfer Orgelstreit“ von 1662 vehement der Behauptung entgegengestemmt, dass Orgelmusik den Glauben behindern würde und letztlich auf diese Weise der lutherischen Orgelkultur bis hin zu Buxtehude und Bach den Weg geebnet.
"...weil es eben nicht selbstverständlich ist in diesen Zeiten"
Und dann geht Pastor Thorsten Niehus noch einmal durch die St.-Petri-Kirche, blickt immer wieder empor, genießt die runderneuerte Balkendecke, deren Strahlkraft die familiäre Atmosphäre des Gotteshauses noch unterstreicht. Der Otterndorfer Pastor ist dankbar fürs Engagement von privater Seite und des Kirchenkreises sowie für die großzügigen Zuschüsse der Klosterkammer und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Das kann Thorsten Niehus nicht oft genug wiederholen an diesem spätherbstlichen Sonnentag, "weil es eben auch nicht selbstverständlich ist in diesen profitorientierten Zeiten". Spricht's und legt den Kopf wieder in den Nacken.
Dr. Dietrich Diederich-Gottschalk wird die Predigt halten
Am Sonntag, 10. November, feiert die kleine Kirchengemeinde um 14 Uhr mit allen interessierten Bürgern einen Dankgottesdienst in St. Petri. Den liturgischen Rahmen an diesem Tag gestaltet Superintendentin Kerstin Tiemann. Dr. Dietrich Diederich-Gottschalk, pensionierter Pastor und Kunstgeschichtler, hält die Predigt. Als ausgewiesener Fachmann für Hadler Kirchen bietet er im Anschluss diverse Kirchenführungen an. Zur Stärkung gibt es in der Kirche frischen Kaffee, Kekse und Kuchen.